Bondage-Sicherheit

Bondage ist nie ganz ungefährlich, aber was kann man tun, um die Sicherheit zu erhöhen und Risiken zu minimieren? – Vor, während und nach einer Bondage-Session gibt es einige Punkte, die beachtet werden sollten, um Risiken auszuschließen bzw. die Gefahr zu minimieren oder im Ernstfall schnell reagieren zu können.

Vor dem Fesseln:Bondage_Sicherheit1
Das Wichtigste ist erstmal, auf den eigenen Körper zu hören, um herauszufinden, was dieser benötigt. Bondage stellt hohe Anforderungen an den Körper und ist durchaus mit sportlichen Aktivitäten zu vergleichen. Daher ist es wichtig, dass Rigger und Ropebunny nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf den Partner achten und sich ggf. vor einer Session nochmal gegenseitig fragen, ob ausreichend gegessen/getrunken wurde und auch sonst alles in Ordnung ist. Umgekehrt ist es allerdings auch nicht gut, zu viel zu essen oder zu trinken, da dann Völlegefühle, Übelkeit oder übermäßiger Harndrang die Folge sein können. Insbesondere bei einer Suspension kann dies dann sehr unangenehm werden!

Weiterhin ist es sinnvoll, sich ein wenig warm zu machen und Dehnüben durchzuführen. Da der Körper beim Gefesselt-Werden häufig sehr stark „verbogen“ wird, kommt es sonst evtl. zu Überdehnungen oder Zerrungen. Normalerweise genügen die Dehnübungen, die man vom Schulsport kennt. Andernfalls liefert YouTube jede Menge entsprechende Übungen, die man sich kostenlos ansehen und nachmachen kann.

Alkohol hat einen großen Einfluss auf den Kreislauf. Einige Personen haben es sich zur Gewohnheit gemacht, erst einmal einen Schluck zu trinken, um Hemmungen zu verlieren und sich einfacher fallen lassen zu können. Dies kann aber mehr Risiken mit sich bringen, als auf den ersten Blick erkennbar sind. Einerseits werden die Sinne des Ropebunnys unzuverlässig, was dazu führt, dass gequetschte Nerven- und Blutbahnen nicht oder nur verzögert bemerkt werden. Andererseits verliert auch ein Rigger unter Alkoholeinfluss die Kontrolle, die bei jedem Handgriff vorhanden sein muss, da sich Alkohol stark auf die Reaktionszeiten auswirkt. Zudem werden womöglich auch vermeintliche Kleinigkeiten vergessen, die dann größere Probleme nach sich ziehen.

Bondage_Sicherheit2Absolut unverzichtbar ist ein Schneidewerkzeug für Seile! Falls mal etwas völlig schief laufen sollte, ist es extrem wichtig, dieses zur Hand zu haben. Mindestens genauso wichtig ist aber auch, dass es seinen Zweck erfüllt! Dazu muss das Messer oder die Schere gewisse Rahmenbedingungen erfüllen. Andernfalls ist es nutzlos oder verschlimmert sogar noch die Situation. Folgende Eigenschaften sollte das Werkzeug mitbringen:

  • Abgestumpfte Spitze oder gebogene Klinge wie z.B. wie bei einer Verbandsschere
  • Schmales bzw. flaches Klingenblatt, damit man unter die Seile kommt
  • Scharfe Klinge, damit die Seile auch schnell zerschnitten werden können
  • Schnelle Erreichbarkeit z.B. durch eine Gürteltasche

Hinweis: Das Ropebunny sollte möglichst auch in der Lage sein, die Schere bzw. das Messer zu erreichen und zu benutzen, falls dem Rigger etwas zustößt.

Bondage_Sicherheit3Sollte es an eine Suspension gehen, ist es sicherer, die Hängevorrichtung und die Seile unmittelbar vor jeder Suspension erneut zu prüfen. Auch wenn bisher nichts passiert ist, könnte ein Schaden vorhanden sein, der dann zu einem spontanen Versagen führt. Die Hängevorrichtung kann geprüft werden, indem man sich mit etwas Schwung daran hängt und möglichst viel wackelt. Strapazierte Seile kann man normalerweise mit dem Auge erkennen. Wenn die Fasern stark ausgefranst sind oder gar ein Strang bereits gerissen oder stark beschädigt ist, darf das Seil auf keinen Fall mehr für eine Suspension benutzt werden, da die Gefahr zu groß ist, dass es reißt. Insbesondere die Mitte der Seile wird häufig belastet und sollte daher besonders geprüft werden.

Wichtiger Hinweis: Baumwollseile, insbesondere solche ohne Seele, sollten nicht für Suspensions verwendet werden. Die Tragfähigkeit von Baumwollseilen variiert so stark, dass sie eigentlich von keinem Seilhersteller zuverlässig angegeben werden kann. Außerdem ziehen sich die Knoten meist zu stark zusammen und sind dann kaum mehr zu lösen. In einem Notfall wird das dann richtig gefährlich!

Beim Fesseln:
Eine gefesselte Person darf auf gar keinen Fall alleine gelassen werden. Auch nicht für einen kurzen Moment und auch dann nicht, wenn noch andere Personen im Raum sind, da oft nur die Person, die gefesselt hat, auch weiß, wie die Fesselung möglichst schnell zu lösen ist. Außerdem haben viele Menschen selbst im Notfall größere Hemmungen, Seile zu zerschneiden, wenn es sich um fremde Seile handelt. Wenn die Verantwortung dennoch auf eine andere Person übertragen wird, sollten Rigger und Ropebunny dieser Person gleichermaßen hohes Vertrauen entgegenbringen können. Solche Entscheidungen dürfen nicht ohne Zustimmung des Ropebunnys erfolgen!

Während der Session ist es wichtig, dass Rigger und Ropebunny durchgehend kommunizieren können und dies auch möglichst oft tun, damit die Session sofort beendet werden kann, wenn etwas nicht stimmt. Allerdings würde dauerndes Nachfragen die Atmosphäre auch ziemlich stören. Deshalb ist es ratsam, auf andere Kommunikationswege auszuweichen. Eine einfache Methode ist z.B., dass der Rigger seine Hand nacheinander in jeweils eine Hand des Ropebunnys legt. Dabei spürt er sofort, ob die Hände des Ropebunnys besonders kalt oder verschwitzt sind. Dabei sollte das Ropebunny keine Taubheit spüren. Vorher sollte außerdem noch abgesprochen sein, dass das Ropebunny einmal kurz, aber kräftig zudrückt, wenn alles in Ordnung ist. Bleibt der Druck des Ropebunnys aus, ist dies ein Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht stimmt. Wenn das Ropebunny in einem Dämmerzustand ist oder Probleme mit bestimmten Nerven hat, bleibt der Druck aus. Das Ropebunny kann so auch willentlich kommunizieren, dass es sich unwohl fühlt. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn mit einem Knebel gespielt wird. Bei ausbleibendem Druck sollte aber dann auf jeden Fall kommuniziert werden, was gerade nicht in Ordnung ist.

Hinweis: Die gleiche Technik funktioniert natürlich auch bei den Füßen.

Bondage_Sicherheit5Beim Fesseln an Objekte muss unbedingt darauf geachtet werden, was passiert, wenn das Ropebunny einen Schwächeanfall erleidet, ohnmächtig wird oder auch einfach nur mal das Gleichgewicht verliert. Dies kann ausprobiert werden, indem das Ropebunny sich vorsichtig mehr und mehr in die Seile hängt, um festzustellen, wo es wehtun könnte. Sobald ein Körperteil irgendwo in der Luft hängt, spricht man von einer Semi-Suspension, also einer teilweisen Hängefesselung. Und genau wie bei einer vollen Suspension entsteht auch hier ein höheres Risiko. Wenn das Ropebunny beispielsweise die Arme hinter dem Körper nach oben gebunden bekommt (ein sogenannter Strapado) und das Gleichgewicht verliert, können so die Schultern ausgekugelt werden oder schlimmeres. Um dies zu vermeiden, ist es sinnvoll, den Oberkörper zusätzlich an dem gleichen Objekt zu befestigen. Es ist dann immer noch schwierig, das Ropebunny wieder aus der misslichen Lage zu befreien, aber der zusätzliche Halt bietet trotzdem etwas mehr Sicherheit vor Verletzungen.

Wichtiger Hinweis: Selbstverständlich muss insbesondere in so einer Situation eine Schere oder ein Messer bereitliegen. Zusätzlich sollte man sich aber auch schonmal Gedanken darüber machen, wie man im Ernstfall das Ropebunny wieder auf den Boden bekommt, ohne es fallen zu lassen.

Bondage_Sicherheit6Auch bei besonders guten und weichen Seilen ist darauf zu achten, dass diese nicht zu schnell über die Haut gezogen werden. Reibung erzeugt Wärme und bei schneller Reibung kann es zu Verbrennungen kommen (Seilbrand). Bei einigen Seilarten geht das sehr schnell, bei anderen braucht es sehr viel Reibung. Aber Reibung erhöht sich auch durch Druck und einige Hautbereiche sind empfindlicher als andere. Deshalb ist nie verkehrt darauf zu achten, wo und wie schnell man Seile am Körper entlangzieht. Auch wenn solche Verbrennungen normalerweise nicht gefährlich sind, sind sie doch sehr unangenehm und schmerzhaft.

Häufig entsteht Seilbrand gerade in Situationen, in denen man nicht daran denkt. Ein typisches Beispiel dafür ist das Lösen der Fesselung. Manchmal aufgrund von Hektik, weil zum Beispiel ein Arm einschläft oder etwas anderes schief gelaufen ist. Manchmal aber auch einfach nur, weil sich die Beteiligten in einem Endorphinrausch befinden und die Welt um sich herum vergessen.

Bondage_Sicherheit4Wenn trotz aller Sicherheitsvorkehrungen doch mal etwas passiert, ist das Wissen über Erste-Hilfe-Maßnahmen von sehr großem Nutzen. In den allermeisten Fällen, in denen etwas schief gelaufen ist, sind es nur kurzzeitig taube Gliedmaßen, Blutstaus oder kleinere Schwächeanfälle aufgrund von Kreislaufproblemen. Das alles ist oft damit erledigt, dass die Fesseln gelöst werden. Wenn sich allerdings keine Besserung einstellt, sollte auf jeden Fall ein Arzt besucht werden! Bei Kreislaufproblemen kann es helfen, die Füße hochzulegen. Aber auch hier gilt, dass bei ausbleibender Besserung oder Verschlimmerung unverzüglich ein Arzt aufgesucht oder sogar gerufen werden sollte.

Wichtiger Hinweis: Bitte habt keine Scheu, dem Arzt zu berichten, was passiert ist. Dabei müsst ihr nicht unbedingt ins Detail gehen. Ein Arzt sollte euch auch keinen Vortrag darüber halten, dass man „so etwas“ nicht tut, sondern sein Bestes geben zu helfen. Andernfalls sollte man in Zukunft lieber einen anderen Arzt aufsuchen, statt Geschichten zu erfinden. Denn nur wenn der Arzt weiß, was los ist, kann er auch effektiv helfen!